Mathematiker u. Philosoph
1848-1925
„Auch dass dem Mathematiker nur, was sich selbst widerspricht, als unmöglich gelte, muss beanstandet werden. Ein Begriff ist zulässig, auch wenn seine Merkmale einen Widerspruch enthalten; man darf nur nicht voraussetzen, dass etwas unter ihn falle.“
„Wir stehen demnach vor folgender Schwierigkeit: Wenn wir die Zahl durch Zusammenfassung von verschiedenen Gegenständen entstehen lassen wollen, so erhalten wir eine Anhäufung, in der die Gegenstände mit eben den Eigenschaften enthalten sind, durch die sie sich unterscheiden, und das ist nicht die Zahl. Wenn wir die Zahl andrerseits durch Zusammenfassung von Gleichem bilden wollen, so fließt dies immerfort in eins zusammen, und wir kommen nie zu einer Mehrheit.
Das Wort `Einheit` ist vortrefflich geeignet, diese Schwierigkeit zu verhüllen; und das ist der – wenn auch unbewusste Grund, warum man es den Wörtern `Gegenstand und Ding` vorzieht. Man nennt zunächst die zu zählenden Dinge Einheiten, wobei die Verschiedenheit ihr Recht erhält; dann geht die Zusammenfassung, Sammlung, Vereinigung, Hinzufügung, oder wie man es sonst nennen will, in den Begriff der arithmetischen Addition über und das Begriffswort `Einheit` verwandelt sich unvermerkt in den Eigennamen `Eins`. Damit hat man dann die Gleichheit. Wenn ich an den Buchstaben u ein n und daran ein d füge, so sieht jeder leicht ein, dass das nicht die Zahl 3 ist. Wenn ich aber u, n und d unter den Begriff `Einheit` bringe und nun für ´u und n und d` sage `eine Einheit und eine Einheit und noch eine Einheit` oder `1 und 1 und 1`, so glaubt man leicht damit die 3 zu haben. Die Schwierigkeit wird durch das Wort `Einheit` so gut versteckt, dass gewiss nur wenige Menschen eine Ahnung von ihr haben.“
„Die in der allgemeinen Größenlehre gebräuchlichen Zeichen zerfallen in zwei Arten. Die erstere umfasst die Buchstaben, von denen jeder entweder eine unbestimmt gelassene Zahl oder eine unbestimmt gelassene Funktion vertritt. Diese Unbestimmtheit macht es möglich die Buchstaben zum Ausdrucke der Allgemeingültigkeit von Sätzen zu verwenden wie in: (a + b) c = ac + bc“
„Man ist dann geneigt, den Teilungspunkt zu beiden Teilstrecken zu rechnen. Wenn man aber die Teilung rein vornehmen will, nämlich so, dass nichts doppelt gerechnet wird und nichts ausfällt, so darf man den Teilpunkt nur zu der einen Teilstrecke rechnen. Diese wird dadurch völlig in sich abgeschlossen und ist dem Argumente zu vergleichen, während der anderen etwas fehlt. Der Teilpunkt nämlich, den man ihren Endpunkt nennen könnte, gehört nicht zu ihr. Erst dadurch, dass man sie durch diesen Endpunkt oder eine Strecke mit zwei Endpunkten ergänzt, erhält man aus ihr etwas Vollständiges.“