Naturwissenschaftler

Werner Heisenberg

1901-1976

„dass die Elementarteilchen alle sozusagen aus dem gleichen Stoff gemacht sind, nämlich, wenn Sie so wollen, aus Energie. Hier kann man Anklänge an die Philosophie des Heraklits finden, in der das Feuer der Grundstoff ist, aus dem alle Dinge bestehen. Das Feuer ist gleichzeitig die treibende Kraft, die Welt in Bewegung erhält, und man kann vielleicht, um zu unserer heutigen Auffassung zu kommen, Feuer mit Energie identifizieren.“

[39] Werner Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaften, Hirzel Verlag (1973) S. 175/176

„..bestehen nicht selbst aus Materie, sondern sie sind die einzig möglichen Formen der Materie. Die Energie wird zur Materie, indem sie sich in dieser Form manifestiert.“

[39] Werner Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaften, Hirzel Verlag (1973) S. 175/176
[27] Werner Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaften, Hirzel Verlag (1973), S. 60.

„Aber der große Wert, der auf die Erfahrung gelegt wurde, führte doch zu einer langsamen und allmählichen Veränderung in der ganzen Auffassung der Wirklichkeit. Während im Mittelalter das, was wir heutzutage die symbolische Bedeutung einer Sache nennen, in einer gewissen Weise ihre primäre Wirklichkeit war, verwandelte sich die Wirklichkeit in das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Was wir sehen und berühren können, wurde primär wirklich. Und dieser neue Wirklichkeitsbegriff konnte mit einer neuen Aktivität verbunden werden: wir können experimentieren und herausfinden, wie die Dinge wirklich sind. Man kann leicht erkennen, dass diese neue Haltung den Aufbruch des menschlichen Denkens in ein unendliches Feld neuer Möglichkeiten bedeutete, und man kann gut verstehen, dass die Kirche in der neuen Bewegung mehr die Gefahren als die Hoffnungen sah.“

[47] Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Weltperspektiven, Ullstein Buch Nr. 249 (1952) S. 164

„Die Wellen im Konfigurationsraum sind in seiner (B. Bohms) Deutung auch `objektiv wirklich`, ebenso wie elektrische Felder. Der Konfigurationsraum ist allerdings ein Raum von vielen Dimensionen, die sich auf die verschiedenen Koordinaten aller zum System gehörigen Teilchen beziehen. Hier ergibt sich eine erste Schwierigkeit: Was meint man, wenn man die Wellen im Konfigurationsraum `wirklich` oder `real` nennt? Dieser Konfigurationsraum ist ein sehr abstrakter Raum.“

[60] Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Weltperspektiven, Ullstein Buch Nr. 249 (1952) S. 106

„die Art der Existenz, das unmittelbare `Faktische` der uns umgebenden Welt auf die Verhältnisse im atomaren Bereich extrapolieren kann. Aber diese Extrapolation ist unmöglich.“

[63] Werner Heisenberg, Erkenntnisprobleme der Naturwissenschaften, Hrsg.: L. Krüger, Kiepenheuer & Witsch, (1970) S. 426

„Wenn man andererseits das Wort `Zustand` so auffasst, dass es eher eine Möglichkeit als eine Wirklichkeit bezeichnet – man sogar einfach das Wort `Zustand` durch das Wort `Möglichkeit` ersetzt -, so ist der Begriff von `koexistierenden Möglichkeiten` ganz plausibel, da eine Möglichkeit eine andere einschließt oder sich mit anderen Möglichkeiten überschneiden kann.“

[60] Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Weltperspektiven, Ullstein Buch Nr. 249 (1952) S. 156

„Nach der Kopenhagener Deutung scheint die Quantenwelt durch den Akt der Beobachtung gezwungen zu werden, eine seiner Optionen zu wählen, die dann real wird. In der Schrödinger Wellentheorie spricht man vom Kollaps der Wellenfunktion, die ein reelles Wellenpaket übrig und unendliche viele andere verschwinden lässt. „Der Übergang vom Möglichen zum Faktischen findet also während des Beobachtungsaktes statt. Wenn wir beschreiben wollen, was in einem Atomvorgang geschieht, so müssen wir davon ausgehen, dass das Wort `geschieht` sich nur auf die Beobachtung beziehen kann, nicht auf die Situation zwischen zwei Beobachtungen. Es bezeichnet dabei den physikalischen, nicht den psychischen Akt der Beobachtung, und wir können sagen, dass der Übergang vom Möglichen zum Faktischen stattfindet, sobald die Wechselwirkung des Gegenstandes mit der Messanordnung und dadurch mit der übrigen Welt ins Spiel gekommen ist… Nachdem die Wechselwirkung stattgefunden hat, enthält die Wahrscheinlichkeitsfunktion das objektive Element der `Tendenz` oder der Möglichkeit und das subjektive Element der unvollständigen Kenntnis, selbst dann, wenn es sich zunächst um einen “ reinen Fall“ gehandelt hat. Eben aus diesem Grunde kann das Ergebnis einer Beobachtung im Allgemeinen nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Was man vorhersagen kann, ist die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Ergebnis der Beobachtung, und diese Aussage über die Wahrscheinlichkeit kann nachgeprüft werden, indem man das Experiment viele Male wiederholt. Die Wahrscheinlichkeitsfunktion beschreibt, anders als das mathematische Schema der Newtonschen Mechanik, nicht einen bestimmten Vorgang, sondern, wenigstens hinsichtlich des Beobachtungsprozesses, eine Gesamtheit von möglichen Vorgängen.“

[73] Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Weltperspektiven, Die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie, Ullstein Buch (1952 ) S. 37

„Die Kritik an der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie beruht ganz allgemein auf der Sorge, dass bei dieser Deutung der Begriff der `objektiv-realen Wirklichkeit`, der die Grundlage der klassischen Physik bildet, aus der Physik verdrängt werden könnte. Diese Sorge ist unbegründet, denn das `Faktische` spielt in der Quantentheorie die gleiche entscheidende Rolle wie in der klassischen Physik. Allerdings ist es in der Kopenhagener Deutung beschränkt auf die Vorgänge, die sich anschaulich in Raum und Zeit, d.h. in den klassischen Begriffen, beschreiben lassen, die also unsere `Wirklichkeit` im eigentlichen Sinne ausmachen. Wenn man versucht, hinter dieser Wirklichkeit in die Einzelheiten des atomaren Geschehens vorzudringen, so lösen sich die Konturen dieser `objektiv-realen` Welt auf, nicht in dem Nebel einer neuen und noch unklaren Wirklichkeitsvorstellung, sondern in der durchsichtigen Klarheit einer Mathematik, die das Mögliche, nicht das Faktische, gesetzmäßig verknüpft. Dass die `objektiv-reale Wirklichkeit` auf den Bereich des vom Menschen anschaulich in Raum und Zeit beschreibbaren beschränkt wird, ist natürlich kein Zufall. Vielmehr äußert sich an dieser Stelle die einfache Tatsache, dass die Naturwissenschaft ein Teil der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur und insofern vom Menschen abhängig ist.“

[75] Werner Heisenberg, Erkenntnisprobleme der Naturwissenschaften, Hrsg.: L. Krüger, Kiepenheuer & Witsch (1970) S. 426

„Die Wahrscheinlichkeitswelle von Bohr, Kramers und Slater …bedeutet so etwas wie eine Tendenz zu einem bestimmten Geschehen. Sie bedeutet die quantitative Fassung des alten Begriffs der „Potentia“ in der Philosophie des Aristoteles. Sie führte eine merkwürdige Art von physikalischer Realität ein, die etwa in der Mitte zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit steht.“

[99] Werner Heisenberg, Physik und Philosophie, Weltperspektiven, Ullsteinbuch Nr. 249 (1952 ) S. 25